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Meine Partnerin hat mich betrogen. Wie soll ich ihr jemals wieder vertrauen können?

„Schon als sie ankündigte mit mir ein Gespräch führen zu wollen, stellte sich ein mulmiges Gefühl bei mir ein. Ich machte mir Gedanken, ob ich irgendetwas falsch gemacht haben könnte oder sie sogar deswegen aus heiterem Himmel unsere Beziehung beenden möchte. Die Ernsthaftigkeit und Zurückhaltung mit der sie das Gespräch suchte, kannte ich von ihr nicht. Somit war die Zeit bis dahin für mich eine Tortur.

Meine Partnerin hat mich betrogen

Es traf mich wie eine umfallende Schrankwand.

Der Zeitpunkt kam. Die Überwindung, die es siekostete, in das Gespräch einzusteigen, machte mich panisch und in meiner Brust bebte es. Sie konnte mir kaum in die Augen schauen und gestand mir in leisen Worten eine Affäre mit ihrem Arbeitskollegen. 

Das versetzte mir einen Schlag. Jetzt war es gewiss. Eigentlich hätte ich froh sein können, dass weder meine Fehler Thema waren, noch die Beendigung unserer Beziehung. Aber das konnte ich nicht mehr abrufen.

 

Im ersten Moment fühlte ich mich schier übermannt von tiefer Enttäuschung, Angst und vor allem von sehr viel Wut. Die Angst, sie und mein Gesicht zu verlieren. Und die Wut auf ihn (den geilen Schwernöter), auf die Firma (dieser kapitalistische Ausbeuterpuff), auf sie (die verräterische Schlampe)… und irgendwie auch auf mich (den einfältigen Idioten), weil ich offensichtlich zu blöd war, es zu verhindern. Unbeholfen schüchterte ich sie direkt nach ihrem Geständnis mit einem hollywoodreifen Wutausbruch ein. So macht man das doch. Kam mir aber schon währenddessen wenig männlich und vor allem ziemlich erbärmlich und hilflos dabei vor. Danach Stille. Verzweiflung machte sich breit, meine Tränen hielt ich mit aller Gewalt zurück. Jetzt noch schwach ihr gegenüber zu erscheinen, verbot ich mir. Unter aufgesetzt starker Fassung stellte ich sie fordernd zur Rede. Wie lange geht das schon? Was hat er mit ihr gemacht? Ist er besser im Bett? Hat er einen größeren Schwanz, mehr Muskeln, weniger Bauch, hält er länger durch? Hatte sie einen Höhepunkt? Was hat sie mit ihm anders gemacht als mit mir? Meine Fragen kränkten sie. Mein Stolz forderte um seiner selbst willen alle schmutzigen Details von ihr ab. Keine ihre Antworten stellten mich zufrieden.Ich quälte sie und ich quälte mich.

Die Tage danach inszenierte ich mir innerlich Bilder, wie meine Partnerin genussvoll im Bett mit ihrem Lover zu Gange war. Jedes Detail was mir weiter zusetzen konnte baute ich ein. Und es machte mich rasend vor Wut. Ihre Beschwichtigungsversuche -es war doch nur Sex- machten das alles noch viel schlimmer.

Ich ließ sie täglich spüren, wie verletzt ich war und nutzte ihr schlechtes Gewissen um Privilegien innerhalb unseres Beziehungsalltags zu gewinnen. Ich ahnte schon, wie ich mich damit in einer Sackgasse verrannte.“

Was soll ich jetzt nur tun?

Lassen Sie Ihre Wut zu. Die darf jetzt sein. Und wie Sie vermutlich schon bemerkt haben werden, ist sie ziemlich wahllos, wenn es um das „Transportmittel“ geht. Sie sind wütend auf alles was mit dieser Verletzung in Verbindung steht und darüber hinaus auch noch auf sich selbst. Das macht die Situation zum Teil auch brenzlig. Hüten Sie sich davor, Ihre Aggressionen gegenüber Ihrer Partnerin unkontrolliert auszudrücken. Wenn Ihre Wut einen Beigeschmack von Ohnmacht bekommt und Sie das Gefühl haben, sich Ihrer Partneringegenüber wehren zu müssen, verlassen Sie sofort die Situation. Schlagen Sie in ein Kopfkissen, rennen Sie bis Sie nicht mehr können oder schreien Sie in den Wald hinein, aber lassen Sie diese Energie auf keinen Fall tätlich an Ihrer Partnerin aus. 

Mir fehlen die Worte.

Klar – solch eine Wahrheit kann einen schon mal sprachlos hinterlassen. Und dabei ist es vor allem für uns Männer wertvoll, unterscheiden zu können: Fehlt mir die Reaktion an sich oder nur das Vokabular, um meine Reaktion, also meine Gefühle, in Worte zu fassen? Sollten Sie sich blockiert fühlen in der Qualität eines Brettes vorm Kopf, nehmen Sie sich die Zeit, die Ereignisse sacken zu lassen. Unsere Psyche reagiert in hohen Stresssituationen mit einem Filtermechanismus, damit äußere Einflüsse nur noch in verdaubarer Geschwindigkeit einwirken können und der Rest von uns funktionieren kann. Vielleicht sind Sie aber auch selber überrascht über Ihre paradoxe Reaktion. Dass es Sie so gar nicht berührt. Kann auch passieren und lohnt sich, anschließend genauer zu betrachten.

Der häufigste Grund für unsere Sprachlosigkeit ist aber unser Mangel an Vokabular zur Beschreibung unserer Gefühlszustände. Mit Wut sind wir noch ganz gut in Kontakt. Aber wie sieht es mit Hilflosigkeit, Traurigkeit oder Neid aus? Die gute Nachricht ist, das können wir wieder lernen und damit eine gehörige Portion Lebensqualität hinzugewinnen. Haben wir Ausdrucksmöglichkeiten für unsere Gefühle, fühlen wir uns weniger machtlos in emotional aufgeheizten Situationen und steigern darüber hinaus unsere emotionale Intelligenz. Ihr Körper kommuniziert die ganze Zeit, das können sie vielleicht schon spüren. Es endlich ausdrücken in aller Offenheit zu können, ist demnach absolut erstrebenswert.

Was tue ich gegen die Bilder?

Es sind Ihre Bilder. Sie sind Autor, Regisseur und Beleuchter. Machen Sie sich bewusst, dass Ihre innere Bilderwelt ein Mechanismus Ihrer Psyche ist, welcher das Feuer am lodern halten soll. Hier können auch Ihre verborgenen Sehnsüchte eine Rolle spielen, welche Sie vielleicht bisher nicht mutig genug waren, in Ihre Beziehung einzubringen. Deswegen macht sie Ihnen innerlich jetzt ein Anderer vor. Meistens ist die Realität um einiges unaufgeregter als die Verfilmung und das Akzeptieren, dass Sie sich Ihren eigenen Blockbuster oskarreif drehen, ein erster Schritt in Richtung Annahme. 

Hätte ich es verhindern können?

Das wühlen in der Vergangenheit ist menschlich angesichts des Wunsches eine plausible Ursache zu finden. Aber was in Ihnen sucht wirklich danach? Ist die Krise wirklich ertragbarer für Sie, wenn es einen sachlichen Grund gibt, der dazu geführt hat? 

Oder suchen Sie vielleicht einen Fehler bei sich, für welchen Sie sich schuldig fühlen können? Das entlastet zwar Ihre Partnerin, hilft Ihnen beiden aber nicht weiter. Solange es einen Schuldigen und einen Unschuldigen geben muss, bleiben Sie als Paar gespalten und Ihnen bleibt der Zugang zu einer konstruktiven Ebene verwehrt. Es hört sich zu einfach an, aber erst sobald Sie beide 100% Verantwortung übernehmen können, öffnet sich der klärende Raum. Und lassen Sie sich bitte nicht auf einen faulen Kompromiss von 50/50 ein. Jeder hat seine eigenen 100% und benötigt Zeit, diese vollständig zu erfassen. Setzen Sie sich damit also nicht unter Druck.

Warum verletzt mich der Sex mehr als der emotionale Betrug?

Hier gibt es zwei Erklärungen. Zum ersten sind es Jahrtausende alte Programme, die noch in unseren Genen wohnen. Der Ur-Mann möchte seinen Samen möglichst weit verbreiten, um die Nachkommenschaft seiner Gene – quasi das Überleben – zu sichern. Lässt er die „Verschmutzung“ durch fremden Samen zu, könnte sein genetisches Überleben gefährdet sein. Deswegen liegt ihm viel daran, den heimischen Hafen genetisch sauber zu halten. 

Die Ur-Frau hingegen unterliegt wiederum dem evolutionären Programm, die Nachkommenschaft zu sichern. In der Phase des Aufzuges ist sie auf den emotionalen und physischen Schutz des Vaters bzw. Mannes angewiesen. Orientiert er sich emotional zu einer anderen Frau hin, sieht sie das eigene Überleben und das Überleben des Nachwuchses in Gefahr. 

Fühlt sich für Sie vielleicht nicht mehr zeitgemäß an in einer Welt der Aufklärung und des Überflusses, diese biologischen Programme sind aber sehr tief verankert und haben immer noch Macht über uns. 

Die zweite Erklärung betrifft Ihre ganz persönliche individual-emotionale Verletzlichkeit. Gespeist durch Ihre Erfahrungen, Ihre Erziehung und Ihre Prägungen. Haben Sie bereits Betrug erlebt, der eine wichtige Bindung erschütterte, sind Sie anfälliger, vor allem für die emotionale Seite eines Betruges. 

Sollte ich es ihr heimzahlen?

Wozu? Schafft das für Sie Gerechtigkeit? Ihr Ego möchte keine Gerechtigkeit, sondern Rache. Rachegefühle sind menschlich, deren Ausagieren erbärmlich. Seien Sie sich dabei bewusst, dass ein Fehlverhalten das andere nicht aufheben kann. Paare,denen das passiert, fühlen sich danach noch weniger bezogen zueinander, im schlimmsten Fall sogar einsamer. Vielleicht ist Ihr Rachebedürfnis aber auch ein Stellvertretergefühl für eine tiefere Sehnsucht, deren Erkundung sich jetzt empfehlen würde. 

Was kann ich tun?

Sie möchten handeln. Das liegt in unserer männlichen Natur und auch an unserer gesellschaftlichen Prägung, welche den Mann gern als Macher sieht. Gibt es denn wirklich etwas zu tun? Oder gibt Ihnen eine Handlung, welcher Qualität auch immer, nur ein besseres Gefühl mit dieser Situation umzugehen? Sich quasi abzulenken von den eigenen inneren Impulsen und Emotionen. Aber genau diese auf- und anzunehmen ist jetzt wichtig. Öffnen Sie sich dafür. Vertrauen Sie sich zum Beispiel einem guten Freund an, der Ihnen hilft sich dahingehend zu reflektieren. Dann könnten Sie gemeinsam Ihre Bedürfnisse dahinter entdecken und darüber mehr Vertrauen zu sich selbst zu finden. 

Denn: Vertrauen Sie sich selbst in jeder Hinsicht, schaffen Sie es auch, Ihrer Partnerin dieses Vertrauen wieder entgegenzubringen.

Autor:

Matthias Geipel

Matthias Geipel

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